Schwurbelei zum Erhaltungszustand: Wenn politische Rechentricks Fakten ersetzen
WOLF aktuell – Kommentar mit Biss: Am 31. Juli meldeten gleich zwei Bundesministerien – das BMELH und das BMUV – die Bewertung des Erhaltungszustandes des Wolfes an die EU-Kommission. Klingt nach Fakten, ist aber eher eine Rechenaufgabe mit politischer Note. Die Methode: Teilen, ignorieren, verwässern. Denn die Population wird wieder einmal in „biogeografische Regionen“ aufgeteilt – als könne der Wolf beim Grenzübertritt zwischen Alpen und Kontinent nicht mehr zählen.
Das Ergebnis? In der „atlantischen Region“ sei der Erhaltungszustand „günstig“, in der „kontinentalen Region“ – also dort, wo der Großteil der Wölfe lebt – heißt es: „unbekannt“. Die „alpine Region“ wurde gleich ganz ignoriert. Das ist, als würde man sagen: Im Freibad ist das Wasser schön warm, aber im Nichtschwimmerbecken haben wir noch nicht gemessen.
Die wissenschaftlich fundierte Sichtweise, dass der Erhaltungszustand über die gesamte Population hinweg betrachtet werden muss, wird weiter konsequent ausgeblendet. Wölfe kennen keine Bundesländergrenzen, keine Klimazonen und ganz sicher keine Berliner Schreibtischtheorien. Während sich die Rudel rund um Ohrdruf oder Neustadt weiter fröhlich vermehren, gibt es laut Bundesbericht im „Südpark Erfurt“ noch keinen Wolf – also alles „unbekannt“. Das ist Tierpolitik im Blindflug.
Und dass diese Ignoranz nicht folgenlos bleibt, zeigt ein aktueller Fall aus den Niederlanden: Dort wurde vor wenigen Tagen ein Kind von einem Wolf angegriffen und sogar versucht wegzuschleppen. Glücklicherweise wurde der Angriff abgewehrt – doch er wirft ein grelles Licht auf die zunehmende Entfremdung zwischen politischer Theorie und realer Gefahrenlage.
Diese Art der Berichtserstattung lässt die Glaubwürdigkeit deutscher Umweltpolitik weiter schrumpfen. Statt auf Wissenschaft zu setzen, betreibt man Augenwischerei, um schwierige Debatten zu vermeiden. Dabei brauchen wir Klartext, Ehrlichkeit und ein realistisches Wolfsmanagement, das auch die betroffenen Menschen in den Ländlichen Räumen ernst nimmt.
Reinhold Messner brachte es einst im Interview mit dem Magazin ALPIN auf den Punkt: „Die Politik schützt den Wolf, weil Tierschützer mehr Stimmen bringen als Bergbauern.“
Mehr muss man dazu fast nicht sagen.
Nimrod